Mit Ideenreichtum, Umsetzungsgabe und Weitsicht


NaturalLook-Geschäftsführer Gerhard und Frowin Pitschl im Interview

Hinter einem erfolgreichen Unternehmen liegt immer eine mutige Vergangenheit. Zuversicht und eine Portion Glück gehören auch dazu – und Biss! 1974 eröffnet Ewald Pitschl das erste Bequemschuhgeschäft in Bozen. Neun Jahre später übernimmt er mit seinem Bruder Gerhard die italienweite Distribution der Marke BIRKENSTOCK, andere Marken wie Haflinger und Finn Comfort folgen. Mittlerweile hat sich Ewald aus dem Geschäftsleben zurückgezogen, und auch Gerhard Pitschl blickt seinem Ruhestand entgegen. Gemeinsam mit ihm und Ewalds Sohn Frowin, mittlerweile Eigentümer von NaturalLook, werfen wir einen Blick in die Vergangenheit des Unternehmens.

Gerhard, Ihr Bruder hat damals den Grundstein für NaturalLook gelegt. Wie haben Sie diese Zeit in Erinnerung?

Gerhard: Ewald besaß schon seit einigen Jahren das Bequemschuhgeschäft in Bozen – ein völlig neuer Markt zu jener Zeit. Als 1983 der Großhandel startete, war ich gerade Vater geworden und brauchte eine Arbeit – es war also naheliegend, dass ich ins Unternehmen einsteige. Ewald war immer der mit den neuen Ideen, er hat auch die Kunden geworben. Ich war eher praktisch veranlagt, habe das Lager betreut und Bestellungen entgegengenommen. Damals habe ich noch akribisch jedes verkaufte Paar schriftlich festgehalten (lacht).
Ich erinnere mich daran, dass wir mit unseren gesunden Schuhen sehr oft belächelt wurden, weil sie optisch nicht dem entsprachen, was die Mode vorgab – in Italien ging es früher ja ausschließlich darum.

„Diesen Schuh werdet ihr nie verkaufen!“, hieß es.

Solche Aussagen haben uns aber eher noch bestärkt – und ich war vom Produkt auch deswegen so überzeugt, weil gesundheitliche Aspekte und hochwertige Materialien im Vordergrund standen. Unsere ersten Kunden waren ausschließlich orthopädische Praxen, keine Schuhgeschäfte – die Modebranche konnte mit unserem Nischenprodukt zunächst nichts anfangen. Die allergrößte Herausforderung war es daher, Vertreter zu finden, die den Schuh mit Überzeugung – und Erfolg! – in den Handel bringen konnten. 1986/87 konnten wir dann die ersten großen Erfolge verzeichnen, und mit unserem Auftritt auf den Schuhmode-Messen kam das Geschäft ins Rollen – das war zwischen 1992 und 1995.
Das Label Fendi hat seine Models schließlich mit BIRKENSTOCK-Sandalen auf den Laufsteg geschickt – ganz ohne unser Zutun. Und man sichtete die ersten bekannten US-amerikanischen Schauspieler mit den Sandalen an den Füßen – damit ging die Erfolgsgeschichte los. In Italien waren wir sicherlich Vorreiter in Bezug darauf, Gesundheitsschuhe salonfähig zu machen – und wir waren es auch, die die Distribution europaweit vorangetrieben haben

Von Generationen und Persönlichkeiten und warum Unterschiede oft die besten Früchte hervorbringen

Frowin, wie sind Sie in das Unternehmen hineingewachsen?

Frowin: Ich war damals erst neun Jahre alt – trotzdem konnte ich bereits das Herzblut meines Vaters spüren. Ich erinnere mich noch gut an die alte Ape 500, mit der damals die ersten Schuhe ausgeliefert wurden – ich konnte es nicht erwarten, damit rumzufahren. Als ich 13 wurde, war es dann endlich soweit – ein Jahr später war sie aber leider nicht mehr fahrtüchtig, das hat mich wahnsinnig geärgert (lacht). Damals habe ich auch schon viel im Lager mitgeholfen, was mir großen Spaß gemacht hat. Und auch wenn ich später immer wieder mal andere Jobs ausprobiert habe – ich war z. B. Hilfskellner und Maurer –, so habe ich in der Firma doch immer in verschiedene Bereiche hineinschnuppern und auch mitdiskutieren dürfen. Das hat mein Interesse weiter befeuert, und ich habe mich für ein Wirtschaftsstudium entschieden, obwohl ich ursprünglich einen technischen Studiengang ins Auge gefasst hatte. Eine Zeit lang war ich dann an einer Firma in Deutschland beteiligt – dort habe ich von A-Z alles gelernt, was man wissen und können muss, um ein Unternehmen erfolgreich zu führen. Diese Erfahrung war extrem wertvoll für die Übernahme von NaturalLook – wobei wir mittlerweile ein ausgezeichnetes Führungsteam haben und ich sehr viele Aufgabenbereiche abgeben kann.

Wie fühlt es sich an, wenn mehrere Generationen unter einem Dach arbeiten?

Gerhard: Ich sehe mich eher als Generationenbrücke – ich bin ja nur 13 Jahre älter als mein Neffe Frowin. Wir sind charakterlich allerdings recht verschieden, gerade Ewald und ich: Er war eher der kreative Kopf – ich hingegen bin strukturierter und konkreter an die Dinge herangegangen.

Diese Unterschiede führten bestimmt manchmal zu Meinungsverschiedenheiten …

Gerhard: Oh ja, sehr oft sogar. Allerdings weiß ich, dass unsere Wesensunterschiede fundamental für den Erfolg des Unternehmens waren. Ohne Ewalds verrückte Ideen hätte ich nicht nach Wegen gesucht, sie zu realisieren. Und ohne Frowins Weitsicht und Offenheit wären wir heute wohl nicht da, wo wir sind.

Was macht NaturalLook aus?

Frowin: Die Grundphilosophie ist immer gleich geblieben. NaturalLook steht nach wie vor für komfortables Schuhwerk mit ästhetischem Anspruch. Der respektvolle, faire und offene Umgang mit unseren Partnern, Händlern und nicht zuletzt mit unseren MitarbeiterInnen ist für uns eine der wichtigsten Grundsäulen. Wir arbeiten zudem mit höchster Professionalität zum Nutzen der Kunden und bringen die notwendige Ernsthaftigkeit und Bodenständigkeit mit.

Gerhard steht quasi mit einem Fuß im Ruhestand. Ist bei NaturalLook eine Art Umbruch spürbar?

Frowin: Ja, das könnte man so sagen. Wir haben unsere Führungskräfte bereits letztes Jahr darüber informiert und ein neues Organigramm ausgearbeitet. Gerhards Pensionierung bedeutet auch eine Neuorientierung und mehr Verantwortung für die Führungskräfte: Sie müssen noch selbstständiger werden, haben aber natürlich auch noch mehr Möglichkeiten – immerhin waren Gerhards Aufgaben- und Themenbereiche sehr umfangreich und wurden sehr gewissenhaft erledigt.

Wie blicken Sie diesem Ereignis entgegen, Gerhard?

Gerhard: Da ich sehr früh ins Unternehmen eingestiegen bin, hab ich mir eigentlich nie die Frage gestellt, was ich gerne tun würde. Jetzt schon – und darauf freue ich mich! Jetzt habe ich Zeit für Radreisen. Ich möchte wieder anfangen, Gitarre zu spielen und werde viel Zeit in Wien bei meinen Enkelkindern verbringen. Vielleicht lerne ich auch eine Fremdsprache, wer weiß.
Frowin und NaturalLook wünsche ich, dass es weiterhin so gut läuft und dass richtige Entscheidungen zum richtigen Zeitpunkt getroffen werden – aber daran zweifle ich nicht. Frowin plant und handelt äußerst weitsichtig und hat sehr gute, motivierte MitarbeiterInnen an seiner Seite.

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